60 Jahre und kein bisschen leise

Bad Ems. "Unser Jubiläum zum 75-jährigen Bestehen werden wir sicherlich größer feiern", sagte Axel Nickles, der Erste Vorsitzende der Roten Husaren, als der offizielle Teil vorbei war. Wonach man sich unwillkürlich fragte, was denn hier noch zu toppen sei – mit so viel Liebe zum Detail gestaltet, wie das Fest zum 60. Geburtstag schon war. Um es vorwegzunehmen: Mit seiner gelungenen Mischung aus Grußworten, Einblicken in die Vereinschronik und vor allen Dingen guter, mitreißender Musik kam besagte Geburtstagsfeier auf ganzer Linie überzeugend daher.

Als Fanfarencorps gegründet

An Allerheiligen 1956 als "Fanfarencorps Rote Husaren Bad Ems" gegründet, ist der "Musikverein Rote Husaren in der Verbandsgemeinde Bad Ems", wie er offiziell heißt, längst nicht mehr aus dem gesellschaftlichen Leben an der Lahn wegzudenken. Logisch, dass sich diese Tatsache auch in den Ansprachen der Ehrengäste widerspiegelte. Genauso wie der Blumenkorso gehörten auch die Roten Husaren zur Verbandsgemeinde, betonte deren Bürgermeister Josef Oster, der zugleich Schirmherr der Veranstaltung war: "Wir alle haben großes Glück, dass wir einen solchen Musikverein in unserer Verbandsgemeinde haben."

Schöner als Jagger

Einen Musikverein, der, wie Oster mit Schalk im Nacken hinzufügte, den Vergleich mit der internationalen Musikszene nicht zu scheuen brauche. "Mitte der 1950er-Jahre hat Mick Jagger in England erstmals für Furore gesorgt. In Bad Ems war es Oskar Floeck", scherzte der Schirmherr mit Blick auf das immer noch als Vereinsmusiker aktive Gründungsmitglied und schob nach: "Nur dass Oskar Floeck bis heute besser aussieht als Jagger." Spaß beiseite: In Zeiten der Überalterung vieler Vereine sei es kaum zu glauben, dass keine Rentnerband, sondern eine gelungene Mischung aus jungen und jung gebliebenen Musikern vor einem sitze, betonte Josef Oster, der die Jugendarbeit als Aushängeschild der Roten Husaren bezeichnete.

Dass diese eine gute Investition in die Zukunft ist, spiegelte sich auch im Grußwort von Landrat Frank Puchtler wider. "Es ist toll, dass der Verein nicht nur seit vergangenem Jahr ein eigenes Jugendorchester hat, sondern für die Mitglieder dieses Orchesters auch 25 Prozent der Ausbildungskosten bei der Kreismusikschule übernimmt", lobte er und unterstrich: "Die Roten Husaren leisten einen wichtigen und wertvollen Beitrag zum Standort Rhein-Lahn. Schließlich ist es nicht zuletzt die Kultur, die die Menschen an ihre Heimat bindet."

Erste Kostproben davon, wie sich ein solcher "Standortfaktor" in der Praxis anhört, lieferte das zehnköpfige, von Pressewartin Tanja Pöhr namentlich vorgestellte Jugendorchester selbst, als es mit Beiträgen wie "Halleluja" oder "Alle Vögel sind schon da" vom Fleck weg für gute Laune sorgte. Genau der richtige Moment für eine Scheckübergabe: Die Bürgerstiftung Bad Ems hat die Jugendarbeit der Roten Husaren mit 300 Euro unterstützt. Das Geld ist allerdings schon längst investiert: in ein E-Piano, dessen Tasten Stanislaw Kawiorski, der musikalische Leiter, oben auf der Bühne zum Klingen brachte, wenn er die Hände nicht gerade zum Dirigieren in der Luft hatte.

Vielseitiges Repertoire

Natürlich brachten auch die 23 erwachsenen Husaren unter seiner Leitung viel Begeisterndes zu Gehör. Michael Jacksons "Heal the world", ein Queen-Medley und Chris Andrews "Yesterday Man" zählten, um nur drei Beispiele zu nennen, dazu – Beweis dafür, dass sich das ausgesprochen vielseitige Repertoire des Vereins weit weg von sogenannter "Dicke-Backen-Musik" bewegt. Eine Zeitlang hatte Kawiorski allerdings Pause: Bei "Der treue Husar" und "Salut" übernahm sein Vorgänger Martin Neydek das Kommando. Imposante 22 Jahre lang, nämlich von 1965 bis 1977 und von 1996 bis 2006, dirigierte er die Husaren – und bewies an diesem Abend, dass er offensichtlich nichts verlernt hat.

Zwischen all den gekonnt präsentierten Musikstücken erfuhr man viel Wissenswertes aus der Vereinsgeschichte – vorgetragen von Gründungsmitglied Oskar Floeck und Moderator Frank Ackermann. Erfuhr, wie sich das Fanfarencorps, ursprünglich eine Abteilung des Motorsport Clubs Bad Ems, bereits zwei Jahre nach seiner Gründung als Verein selbstständig machte. Wie 1971 die ersten Ventilinstrumente dazukamen und man so auch moderne Stücke ins Repertoire aufnehmen konnte – heute sorgen neben den Schlagzeuginstrumenten vor allem Saxofone, Trompeten und Posaunen, aber auch eine Querflöte, eine Klarinette, ein Tenorhorn und eine Lyra für satten Klang. Man erfuhr, wie es 1984 durch den Zusammenschluss mit den Kemmenauer Musikanten zur Namensänderung kam, wie die Husaren 2010 ein neues, selbstredend rotes Outfit bekamen, und, und, und – kurzum: Es ist unmöglich, an dieser Stelle all die Höhe- und Eckpunkte aus der Vereinsgeschichte aufzuzählen. Außer Zweifel steht so oder so, dass die Roten Husaren ihrem 60. Geburtstag zum Trotz eine ausgesprochen muntere Truppe sind. Was auf eine lange Zukunft mit flotter Musik hoffen lässt.


Martin Neydek war insgesamt 22 Jahre lang, nämlich von 1965 bis 1977 und von 1996 bis 2006, Dirigent der Roten Husaren. Beim Jubiläumsfest dirigierte er einige Lieder – und bewies, dass er nichts verlernt hat. Foto: Ulrike Bletzer

RZ Rhein-Lahn-Kreis (West) Bad Ems vom Mittwoch, 14. September 2016, Seite 13